Warum wir beim Espresso alle immer über den Druck reden

Wer sich tiefer mit Espresso beschäftigt – ob als passionierte:r Heim-Barista oder als Technik-Nerd – stolpert früher oder später über dieselbe Diskussion:
"Welcher Druck ist optimal für den perfekten Bezug?"

Im Netz wimmelt es von Meinungen, Modifikationen und Druckprofilen. 9 bar, 6 bar, Profiling mit langsamer Pre-Infusion… aber worum geht’s hier eigentlich wirklich?


Die Grundlagen: Ein klassischer Espresso-Setup

Bevor wir einsteigen, hier der typische Parameterrahmen für einen Double Shot, Druck ausgenommen:

  • Siebdurchmesser: ca. 60 mm
  • Kaffeepulver: 15–20 g
  • Shot-Volumen: 40–60 ml
  • Extraktionszeit: ca. 25 Sekunden
  • Temperatur: 90–95 °C

Puckprep vs. Mahlgrad – Wer macht den Unterschied?

Wenn das Kaffeemehl im Sieb perfekt verteilt und optimal getampt ist, bleibt als Hauptvariable zur Steuerung des Drucks nur noch: der Mahlgrad. Eine optimale Verteilung und Komprimierung erreichst du übrigens einfach und reproduzierbar mit deinem Barbro Vibrationstamper.

Der Mahlgrad bestimmt, wie fein oder grob das Kaffeemehl ist – und damit, wie stark es dem Wasserfluss Widerstand bietet.


Was bewirkt der Mahlgrad genau?

Grobes Mahlgut Feines Mahlgut
Große Partikel Viele kleine Partikel
Geringe Oberfläche Große Oberfläche
Große Hohlräume Enge Zwischenräume
Niedrige Schüttdichte Hohe Schüttdichte
Geringer Druckverlust Hoher Druckverlust

Der Druckverlust entspricht der Abname des statischen Drucks über die Höhe des Pucks und ist entsprechhend verantwortlich für den Druckaufbau oberhalb des Pucks – und hier wird’s spannend.


Druckverlust = Widerstand = Diskussion

Der Druck in deiner Maschine entsteht nicht „einfach so“ – sondern weil das Wasser bzw. die Pumpe gegen den Widerstand des Kaffeemehls arbeitet. Ohne Puck gäbe es keinen erhöhten statischen Druck in der Brühgruppe.
Daraus folgt:

  • Grobe Mahlung → Wasser fließt durch die größeren Hohlräume langsamer und aufgrund der gringeren Partikeloberfläche einfacher → niedriger Druck
  • Feine Mahlung → Wasser fließt durch die kleineren Hohlräume schneller und aufgrund der größeren Partikeloberfläch "schwerer"→ hoher Druck

Aber: Der Druck ist keine aktive Zutat, sondern eine Folge des Strömungswiderstands.


Und was ist mit der Extraktion?

Die Geschwindigkeit, mit der das Wasser durch den Puck fließt, beeinflusst, wie schnell Aromen gelöst werden

  • Feines Pulver → mehr Oberflächeschnellere und intensivere Extraktion
  • Grobes Pulver → weniger Oberflächemildere Extraktion

Faustregel:
Feineres Pulver → höherer Druck → höhere Extraktion, bei sonst gleichbleibenden Randbedingungen.


Warum reden trotzdem alle vom Druck, wenn es beim Espresso um den Geschmack geht?

Ganz einfach: Weil man ihn messen kann. Druck lässt sich mit einem Manometer beobachten und seine Änderung mit Geschmackveränderungen in Bezug setzen. Den Mahlgrad kann man nur sehr aufwendig über die Partikelgrößenverteilung bestimmen. 

Der Druck ist daher eine praktische Messgröße, mit der man bei sonst gleichbleibenden Randbedingungen Aussagen über die Geschmacksentfaltung treffen kann. Die große „Druck-Debatte“ ist daher eigentlich eine Mahlgrad- bzw. Extraktions-Diskussion. Dabei hat sich herausgestellt, dass im Allgemeinen ein Druck von 9bar zu guten Ergebnissen führt.

Was gibt es sonst noch zu berücksichtigen?

Die Extraktion beim Espressozubereiten ist ein sogenannter Batch-Prozess, der zeitlich nicht konstant abläuft. So kann sich der statische Druck bei sonst konstanten Bedingungen auch ohne aktives Flow-Profiling verändern, da die Partikel während der Extraktion ihre strömungsmechanischen Eigenschaften verändern. Weiterhin nimmt der Druck innerhalb des Pucks ohnehin ab, was wir in unserem letzten Blog-Beitrag diskutiert haben.

 

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